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Menschelei

Darf ich bitte einfach nur arbeiten?

„Wir freuen uns auf dich als Mensch“ oder „hier darfst du ganz du selbst sein“ – solche Slogans lese ich immer häufiger in Stellenanzeigen. Offensichtlich gehen die Unternehmen davon aus, dass sich potenzielle Bewerber davon angesprochen fühlen.

Ich für meinen Teil empfinde sie eher als Drohung.

 

Von der Erlaubnis zur Pflicht

Denn die Erlaubnis, sich als Mensch mit allen Bedürfnissen und Vorlieben im Unternehmen einzubringen, liegt ganz nahe an der Pflicht, das eigene Privatleben in der Firma offenzulegen. Und umgekehrt, sich für das Privatleben der Kollegen zu interessieren. Das ist nichts, was jedem liegt und was jeder mag.

Manch einer ist sogar sehr froh, wenn die private Trennung oder der jüngste Zahnarztbesuch eben nicht in der Firma zum Thema gemacht werden muss. Und er oder sie sich einfach darauf konzentrieren darf, seine oder ihre Arbeit bestmöglich zu machen.

 

Vom Fokus zur Komplexität

Ich denke sogar, dass es auch für das Unternehmen selbst gut ist, wenn das Private privat bleiben darf. Ansonsten ist die Gefahr groß, dass das gemeinsame große Ganze – also der Unternehmenszweck – überlagert wird von diesem Allzu-Menschlichen. Vieles wird ungleich komplexer, wenn per Verordnung auch die persönlichen Umstände offen in die Diskussion mit einfließen.

Natürlich dürfen sich Kollegen und Führungskräfte füreinander auch menschlich interessieren. Müssen sie es aber zwangsweise, bekommt die Sache leicht einen unguten Drall. Denn „menschelnd“ ist nicht automatisch gleich „menschlich“.