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Wahrhafter Wandel 

Immer dann, wenn die Probleme diffus werden im Unternehmen, kommt das Thema „Unternehmenskultur“ auf den Tisch.

Wenn Tempo in den Prozessen verloren geht, wenn Verantwortung hin und hergeschoben wird, wenn der Einsatzwille der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen erlahmt, wenn sich die Eindrücke verdichten, Muster „typisch“ erscheinen, dann findet das Thema Kultur Einzug – erst dann und das gerne zu spät.

In dieser Situation werden zunächst alle einigermaßen plausiblen Maßnahmen aus dem Werkzeugkoffer der Personal- und Führungskräfteentwicklung „durchgeworkshopt“.

Hilft das nichts und sind die Verantwortlichen mit ihrem Latein am Ende, erschallt der Ruf: „Wir brauchen einen Wandel der Unternehmenskultur!“ Alternativ kommt die appellative Variante an den Start: „Wir brauchen einen Mindset-Wandel in der Belegschaft!“

Im Grunde ist diese Aussagen eine Frechheit.

 

Warum machen die das so?

Was da subtil mitschwingt, ist nämlich: ‚Lieber Mitarbeiter, dir mangelt es an der richtigen Haltung. Und die bringen wir dir jetzt mal bei.’

Sie dürfen sich deshalb nicht wundern, wenn sich so manchem die Nackenhaare aufstellen, sobald er das Wort „Mindset“ hört.

Das heißt aber nicht, dass Sie an Ihrer Unternehmenskultur nicht arbeiten sollen. Im Gegenteil – Das ist sehr oft dringend nötig.

Mal ein vermeintlich banales Beispiel: In manchen Firmen fangen Meetings nie pünktlich an. Nie! Obwohl sich alle darüber beklagen.

Wenn ich dann nachfrage, warum das so ist, bekomme ich die Antwort: „Das ist irgendwie historisch so gewachsen.“

Dumm gelaufen, aber da lässt sich was ändern, wenn – ja wenn man die Quelle des Verhaltens kennt.

Es ist richtig: Kultur ist schwer zu packen. Ich vergleiche Kultur gerne mit einem Schatten, mit einem Schatten der bestehenden Verhältnisse. Der ist eindeutig da, aber an dem können Sie nicht einfach herumschnippeln – das funktioniert nicht. Allerdings ist die Steuerungsillusion, dass das doch klappen könnte, weit verbreitet. Deshalb begegnen mir auch die drei folgenden Vorgehensweisen in Sachen Kulturwandel sehr häufig – jede für sich ein No Go!.

 

Geht-gar-nicht Nr. 1: Turbo-Wandel

Letzte Woche waren es die Führungskräfte aus der Entwicklung, diese Woche sind die aus dem Vertrieb dran mit dem Mindset-Seminar. Beginn: Mittwoch um 10.00 Uhr, Ende: Donnerstag gegen 17.00 Uhr. Gutes Hotel, gutes Essen, guter Referent. Alles ist bereitet für den Haltungswandel in unter 48 Stunden.

Es geben alle ihr Bestes: Der Referent mit einem Feuerwerk an Methoden, die Teilnehmer beim Schreiben hunderter Post-Its, das Hotelpersonal mit freundlichem Service und fantastischem Fingerfood.

Am Freitagmorgen, zurück in der Firma, begrüßt der Abteilungsleiter sein Team mit: „Na, Spaß gehabt? Dann können wir ja jetzt wieder an die Arbeit gehen.“ Und das tun dann auch alle.

Schmerzhaft ist diese Situation nur für diejenigen, die die letzten zwei Tage wirklich mitgemacht haben: Denn das, was im Workshop erarbeitet wurde, spielt ab Freitag Morgen keine Rolle mehr. Im Gegenteil, denn es stört den Ablauf.

Was bleibt, ist Zynismus. Und die Erinnerung an das exquisite Fingerfood.

 

Geht-gar-nicht Nr. 2: Kulturwandel als Projekt

Ohne gutes Projektmanagement geht in Unternehmen gar nichts mehr. Es wäre aber besser, wenn manches doch ohne gemacht würde – und die Arbeit an der Unternehmenskultur gehört dazu.

Denn was macht ein Projekt aus: Es gibt einen definierten Anfang, einen Termin- und Aktionsplan mit Meilensteinen, Steuerungsinstrumenten, Kontrollschleifen und eine Deadline.

Das funktioniert prima, solange Sie ziemlich gut voraussagen können, mit welchen Maßnahmen Sie welche Wirkung und welche Ergebnisse in welcher Zeit erzielen können. Dann können Sie Ihren Projektplan abarbeiten und am Ende einen Haken daran machen. Das können Sie beim Kulturwandel nicht.

Die Unternehmenskultur ist ein komplexer Organismus: Der wird getragen von lauter Einzelwesen, die alle in ihrem eigenen Job-Organismus leben. Diese Individuen bilden mit den Kollegen zusammen den Gruppen-Organismus. Und die Gruppen gemeinsam formen dann den Organismus ,Gesamtorganisation’. Also Verflechtungen ohne Ende. Die Reaktion dieser Organismen auf eine Maßnahme vorauszusagen, ist praktisch unmöglich.

Dabei treffen Sie nämlich auf Themen, mit denen Sie nicht rechnen konnten. Sie stoßen auf Defizite in der Kommunikation, lange gewachsene Renitenz oder Resignation oder auf eingefleischte Verantwortungsverweigerung. Darüber hinaus zeigen sich schnell Strukturen, an die Sie ran müssen, bevor ein Wandel im Denken Fuß fassen kann. Vielleicht muss die Zeichnungsberechtigung neu überdacht werden. Oder Schnittstellen neu definiert werden. Dilemma, denn dazu brauchen Sie ja die Fachabteilungen und den Betriebsrat auch.

Spätestens jetzt können Sie Ihren schönen Zeitplan zerknüllen und der Rundablage anheim führen. Formal gesehen ist das Projekt dann schon gescheitert. Kulturwandel kann man angehen, aber nicht managen. Wie er Ihnen trotzdem gelingen kann, dazu komme ich gleich. Erst noch zum letzten No-Go – das auch verlockend klingt.

 

Geht-gar-nicht Nr. 3: Best-Practice-Kopie

„Bei der Firma XY funktioniert diese Organisationsstruktur hervorragend – das machen wir auch!“ Es ist extrem verführerisch, sich Best-Practice-Beispiele zum Vorbild zu nehmen und für das eigene Unternehmen nachzubauen. Denn schließlich liefern die ja den Beweis, dass dieses System läuft!

Doch da liegt ein Denkfehler vor: Nur weil es in der einen Organisation läuft, muss das System das in der anderen nicht ebenfalls tun. Es ist viel wahrscheinlicher, dass es da nicht läuft, weil die neue Struktur einfach nicht zu diesem Unternehmen passt. Jedes Unternehmen ist einzigartig.

Deshalb ist das, was wie eine Abkürzung des eigenen Entwicklungsprozesses aussieht, in aller Regel eine böse Falle.

Wie aber können Sie dann vorgehen, wenn Ihr Unternehmen einen Kulturwandel braucht?

 

Da geht was!

Sie haben grundsätzlich die Wahl zwischen zwei Wegen: der eine ist nicht sehr erfolgversprechend, die andere dagegen schon.

Der erste Weg ist der über die weichen Faktoren. Sie versuchen, Menschen Einsichten über ihre Verhaltensweisen zu vermitteln. Das können Sie unterschiedlich artifiziell verpacken. Beliebt sind laminierte Leitbilder und Kuschel-Seminare. Meiner Erfahrung nach ist der Erfolg, den Sie damit erzielen, gering. Und wenn Sie dabei nicht sehr vorsichtig vorgehen, geht der Schuss sogar nach hinten los.

Die zweite Möglichkeit ist die Arbeit an den harten Fakten, also an den Strukturen, damit die „weichen“ Kulturthemen sich verändern. Das ist erstens wirkungsvoller und zweitens für alle Beteiligten in der Umsetzung greifbar und im Ergebnis spürbar.

Gehen Sie diese Arbeit nicht in einer gigantisch angelegten Aktion an, sondern Schritt für Schritt. Kontingentieren Sie, gehen Sie in Abschnitten vor, wählen Sie für jeden Schritt je nach Thema die Beteiligten und die Maßnahmen aus. Und vor allem: Machen Sie die Schritte an konkreten Problemen fest. Vorgaben wie „Wir wollen als Arbeitgeber attraktiver werden“ sind denkbar ungünstig. Picken Sie sich echte Druckstellen heraus und schaffen Sie dafür Erleichterung.

Dafür können ganz einfache Maßnahmen genügen. So wie es der Leiter des Controlling eines mittelständischen Unternehmens getan hat, um das leidige Thema Richtlinien zur Reisekostenabrechnung anzugehen. Er ersetzte die unzähligen Regeln durch zwei Sätze: Reisen Sie erstens wirtschaftlich und zweitens so, als ginge es um Ihr eigenen Geldbeutel.

 

Erfolgreiche Arbeit an einem Kulturwandel ist viel weniger flauschig, als Sie vielleicht vermuten – oder befürchten.

Arbeiten Sie an Ihrer Organisation, dann haben Sie gute Chancen bei der Arbeit an der Unternehmenskultur.