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In Schönheit sterben oder zum Verwechseln verändern?

Wie Sie Ihre Unternehmenskultur bin Zukunft bewahren

 

Falls Ihr Unternehmen zu denen gehört, die bisher so erfolgreich waren, dass sie es nicht nötig hatten, etwas Grundlegendes zu verändern – seien Sie froh. Aber wahrscheinlich kommen Sie nicht mehr darum herum. Zumindest wenn Sie nicht in Ihrer alten Schönheit dahinsiechen wollen.

Sie haben sicher auch schon gehört, dass die Welt nicht still steht, und das mit dem Change eine vertrackte Sache ist. Wir haben alle genug gehört über VUKA (und nun BANI) etc. und aktuell unübersehbar, dass die Welt global, komplex und nahezu unberechenbar ist. Da wird zukunftssicher bleiben zu einer anspruchsvollen Pflichtaufgabe. Zuerst muss man sich klar darüber werden, was man sich nicht mehr leisten kann.

Denken Sie mutig, nehmen Sie Ihre Probleme auf die Hörner und machen Sie Erfahrungen mit dem Anders machen. Nur – und die Frage steht schneller im Raum als sie es sich wünschen – was ist bleibt dann noch von unserer Identität übrig? Und das ist für mittelständische Unternehmen allein schon aus Sicht der Markenbildung als Arbeitgeber eine definitiv relevante Frage!

Die wird nicht direkt gestellt, sondern in viele kleine Fragen über eine ganze Firma verteilt formuliert.

 

Change machen nur Konzerne

„Warum soll der Maier aus dem Lager seine Bestandsliste nicht weiter mit der Hand führen dürfen? Das klappt doch seit zwanzig Jahren absolut zuverlässig.“

„Eine Dokumentation? Das hat die Frau Müller alles im Kopf und kann jederzeit Auskunft geben.“

„Stellenbeschreibungen haben wir doch noch nie gebraucht. Hier hilft jeder jedem.“

Gerade wenn Sie Veränderungen anstreben, bei denen Sie Prozesse festlegen oder formalisieren wollen, bei denen Sie die Zahl der Insellösungen reduzieren und für Vorgänge Routinen etablieren wollen, die bisher an einzelne Personen gebunden waren, folgt typischerweise dann noch folgender Satz: „Schließlich sind wir hier doch kein Konzern!“

Diesen Satz werden Sie nicht nur in einzelnen nachgeordneten Ebenen hören – nein – den wird Ihnen auch Ihre Führungsmannschaft – ich sage es mal drastisch – um die Ohren hauen.

Und es ist ein sehr mächtiger Satz, mit dem man umgehend tiefe Zweifel in angestrebte Veränderungen setzt.

 

Change macht Sorgen

Es ist wahrscheinlich, wenn Sie zum Beispiel Ihre Geschäftsleitungstreffen bis dato wenig formal gehalten haben und die Meetings von Impulsen, Aktuellem und Spontanität geprägt waren.  Und dann fangen Sie auf einmal an, strategischer zu arbeiten. Das bedeutet, dass Sie viel Zeit in gemeinsame Workshops zu strategischen Fragestellungen investieren, die Dinge organisierter, reflektierter und geplanter angehen und zum Beispiel Veränderungen innerhalb der Organisation neuerdings als Projekte mit Projektmanagement aufzusetzen. Auch dann gibt es Widerstand. Denn die eine oder andere Führungskraft kommt an ihre Grenze. Sie hören dann: „Das ist mir hier zu anstrengend!“

Gemeint ist meistens aber nicht wirklich nur die Sorge davor, dass die organisatorischen Änderungen wirklich dazu führen, dass Konzern-Gebaren Einzug halten. Es ist vielmehr die Sorge um das, was dieser Mitarbeiter bislang als Heimat empfunden hat, als das Typische für dieses Unternehmen, als dessen Identität – oder anders gesagt: Es ist die Angst, dass die gewohnte und geübte Unternehmenskultur verloren geht.

Diese Sorge wird von der Geschäftsleitung oder den Treibern allzu oft als Unwilligkeit oder Unfähigkeit zur Veränderung, als Bequemlichkeit oder Trotz der Belegschaft interpretiert. Das ist meist aber nur die maximal halbe Wahrheit. Die Sorge aller Beteiligten – inkl. der Geschäftsleitungen -um die eigene Unternehmenskultur ist auch die Sorge um den zukünftigen Erfolg der Firma.

 

Jede Veränderung machen was mit der Kultur

Das Unternehmen ist mit der bisherigen Kultur groß geworden und geblieben – es war sein Erfolgsrezept. Selbst wenn noch nie jemand im Unternehmen über eine „eigene Kultur“ gesprochen hat: Sie war immer da.

Jede Organisation bildet ihre eigene Kultur aus, es herrschen ungeschriebene Regeln, wie was zu tun und zu sehen ist. Jede Unternehmenskultur ist einzigartig. Sie ist es, die ein Unternehmen wiedererkennbar macht, für Identifikation und auch Mitarbeiterbindung sorgt. Und durch diese Kultur hat das Unternehmen auch besondere Fähigkeiten.

Das schlägt sich auch in der Sprache nieder, wenn es heißt „das ist ganz YXZ-like“ oder „wir sind stolz auf unseren YXZ-Spirit“ oder ganz stolz „typisch YXZ“.

Gerade Unternehmen, die auf dem Arbeitsmarkt ein Thema haben, weil sie vielleicht nicht die höchsten Gehälter zahlen können oder an einem wenig attraktiven Standort sitzen, sind dringend auf eine konkurrenzfähige Unternehmenskultur angewiesen. Und bei Familienunternehmen ist die spezielle Kultur oft das wichtigste Argument – nach außen wie nach innen.

Klar, dass die Beteiligten sich um dieses wertvolle Gut Sorgen machen. Organisatorische Veränderungen lassen sich nie trennen von Veränderungen in der Unternehmenskultur. Organisation und Kultur sind eng miteinander verflochten.

 

Ohne Veränderungen kein Fortschritt

Stellen Sie sich zum Beispiel ein Handelsunternehmen aus dem B2C-Bereich vor. Das Unternehmen ist in den letzten Jahren stark gewachsen, hat mehrere neue Standorte eröffnet, immer auch gute Leute gefunden, die Fluktuation ist gering. In der Firma sind die Mitarbeiter stolz darauf, ein gutes Team zu sein, in dem keiner den anderen hängen lässt.

Doch langsam wird die Luft auch für dieses Unternehmen dünner. Also ist der Blick der Geschäftsleitung auf das Organigramm gefallen: Und – da hat doch glatt jeder Standort seine eigene Beschaffungsabteilung. Das kann nicht effizient sein!

Also wird der Beschluss gefasst, ein ERP-System über alle Standorte hinweg einzuführen. Die Geschäftsführung nimmt diese Veränderung auch nicht auf die leichte Schulter. Sie macht ein Projekt daraus, stellt extra dafür einen Projektleiter ein, gibt sich redlich Mühe bei der Kommunikation.

Das Projekt läuft auf dem Papier mustergültig und doch ist der Widerstand in der Organisation enorm. Die Geschäftsleitung ist ratlos.

Was war passiert?

Wenn Sie ein ERP-System einführen, kommen Sie nicht umhin, die Spielfelder der Beteiligten klar zu definieren. Aufgabenbereiche, die vorher irgendwie ineinander übergegangen sind, werden scharf abgegrenzt. Auf einmal entsteht so etwas wie „Klare Zuständigkeit“. Mal eben dem Kollegen aus dem anderen Team unter die Arme greifen? Das geht nicht mehr so einfach.

Und so bröckelt der schöne Spirit der Hilfsbereitschaft.

 

Change? Ja, bitte!

Wohlgemerkt: Es arbeiten immer noch dieselben netten Menschen in diesem Unternehmen. Daran hat sich nichts verändert. Und doch werden sie sich anders verhalten.

Das ist es, was ich meine, wenn ich sage: Veränderungen in der Organisation haben immer auch Einfluss auf die Kultur.

Das heißt aber in keinem Fall, dass alle Veränderungsvorhaben gestoppt werden müssen, sobald einer am Tisch „Konzern-Alarm“ brüllt?

Ihre schöne Unternehmenskultur allein wird das wirtschaftliche Überleben Ihrer Firma nicht sichern. Gleichzeitig ist Ihre Kultur – wie gesehen – ebenfalls ein mächtiges Instrument. Daraus ergibt sich aber kein Dilemma, denn das eine hebelt das andere nicht zwangsläufig aus. Es geht auch nicht um Schwarz oder Weiß. Es geht um eine intelligente Abwägung.

Wichtig ist, dass Sie beides in den Blick nehmen: die Veränderung und Ihre Kultur.

 

Change im Angesicht von Kultur

Besonders wenn Sie sich bisher nie bewusst mit Ihrer Unternehmenskultur befasst haben, sollten Sie dringend auf Spurensuche gehen: Was macht Ihre Kultur aus? Was sind die Gründe dafür? Woran macht sie sich fest? Was wollen Sie daran unbedingt bewahren?

Wenn Sie wissen, was Ihre Unternehmenskultur ausmacht, können Sie auch ermessen, welchen Einfluss die geplante Veränderung haben wird. Und ob es möglich ist, die Veränderung so zu modifizieren, dass sie Ihrer Unternehmenskultur nicht substanziell schadet?

 

Mir ist klar, dass wahrscheinlich weder Sie noch ein anderes Mitglied Ihrer Geschäftsführung in Ihrer Ausbildung mit solchen Themen in Berührung gekommen sind. Sie können sich diese Auseinandersetzung allerdings nicht mehr sparen, wenn Sie Ihr Unternehmen in eine erfolgreiche Zukunft führen wollen – so unverwechselbar wie früher – so verändert wie nötig.